„Reizgas-Einsatz der Polizei im Fadenkreuz“ – die Stuttgarter Nachrichten berichten

Die Stuttgarter Nachrichten nehmen heute in dem Artikel Reizgas-Einsatz der Polizei im Fadenkreuz auf unseren Bericht Bezug.

Eines der Videos um das es geht haben wir in Zeitlupe und verpixelt auf Youtube gestellt:

Laut Aussage eines Fachanwalts ist dies ein ziemlich eindeutiger Fall von  Körperverletzung im Amt und müsse als Offizialdelikt von der Staatsanwaltschaft aktiv verfolgt werden, auch wenn keine Strafanzeige gestellt wurde.

Laut dem Artikel der Stuttgarter Nachrichten wird nach beiden Seiten ermittelt – wir sind gespannt, ob die Ermittlungen in Richtung der Polizei weiter verfolgt werden.

Der Pressesprecher der Polizei wirft uns vor, Ursache und Wirkung zu vertauschen. Unseren Beobachtungen nach gab es für diesen Pfeffersprayeinsatz keine Ursache. Das Video spricht dabei für sich.

Ferner unterstellt er uns den Versuch, „die Angreifer“ als unschuldig und die Polizei als böse darzustellen. Unklar ist dabei, wen er mit „die Angreifer“ meint. Im Gegensatz zu Teilen der Polizei denken wir nicht in einem Freund-Feind-Schema. Wir erzählen keine Märchen von Guten und Bösen. Wir beobachten sehr differenziert und loben regelmäßig versammlungsfreundliches Verhalten der Polizei. Wenn es einen Anlass zu Polizeimaßnahmen gibt, kritisieren wir diese nicht. Aber darum geht es hier nicht. Die dokumentierten Einsätze von Pfefferspray sind nicht rechtfertigbar, weswegen der Polizeipressesprecher wohl auf Allgemeinplätze ausweicht.

Auch unsere Kritik an der Polizeitaktik ist berechtigt. Die Jagdszenen erinnerten an den schwarzen Donnerstag und waren völlig überzogen wenn man bedenkt, dass die Polizei eben nicht die Teilnehmer der „Demo für Alle“ beschützen musste, sondern eben nur deren Route. Die Demo selbst war noch weit entfernt. Dafür hätten wesentlich mildere Mittel zur Verfügung gestanden.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die Anzahl eingesetzter BeamtInnen und deren Montur höchstens etwas mit der Gefahreneinschätzung der Polizei zu tun hat und eben nicht mit der tatsächlichen Gefahr vor Ort.

Tag der deutschen Einheit

Aufgerufen hatten zwei Gruppen:
Das „antinationale Bündnis“ startet eine Kundgebung um 15:30 Uhr bei der Universität (Keplerstr. / Geschwister-Scholl-Str) mit dem Motto: Kein Grund zum Feiern – Gegen Staat, Nation und Kapital.
Die 2. Demo unter dem Motto „Ihre Einheit heißt Krise, Krieg und Armut!“ wurde von einem Bündnis v.a. antifaschistischer Gruppen organisiert. Deren Demo sollte um 14.00 in der Lautenschlagerstraße, gegenüber vom Hauptbahnhof, beginnen. Beide Demos sollten ursprünglich an der Liederhalle enden, wo ein Festakt zu den Einheitsfeierlichkeiten stattgefunden hatte.

Die StZ berichtet am 2.10. in einem ganzseitigen Artikel über die Festlichkeiten nur mit einem Satz über die Demos: „Gleichzeitig hat ein Bündnis ‚anarchistischer und kommunistischer Gruppen‘ angekündigt, am Donnerstag in der City gegen die Feierlichkeiten zu demonstrieren.“ Aktionen der S-21-Gegner*innen werden detaillierter beschrieben, auch deren Absicht, die Feierlichkeiten die Feierlichkeiten demonstrativ begleiten, aber nicht stören zu wollen.

Ablauf

Beide Demonstrationen haben zu großen Teilen dieselbe Route genommen, abgesehen von Start- und Endpunkt der Demonstrationen. Die Antikapitalistische Demo startete zuerst, die Antinationale Demo folgte im Abstand von etwa einer halben Stunde.

Antikapitalistische Demo
Die PolizistInnen gingen als Kette dicht neben dem Demozug mit und begleiteten den Demozug, der geschätzt etwa 500 Teilnehner*innen umfasste. Der Demonstrationszug bog am Kernerplatz in die Kernerstraße ein, wurde aber nach wenigen Metern von einer Polizeikette gestoppt und kehrte dann ohne Widerstand auf die geplante Route auf der Urbanstraße zurück. Kurze Zeit später, gegen 15:30 Uhr, kam es in der Urbanstraße auf Höhe des Wagenburgtunnels zu einer weitere Polizeikette: Die Polizei sperrte die Straße mit einer Reihe von Beamt*innen ab und stoppte so den Demozug.

2013_10_03_Polizeikette

Als Grund wurden verknotete Transparente genannt, was laut Polizei gegen die Auflagen der Demonstration verstoßen würde.
Nach Auskunft des Versammlungsleiters entsprach dies jedoch nicht den Tatsachen, zudem waren die Transparente zumindest an der beanstandeten Stelle nicht verknotet. Auf Nachfrage, was an verknoteten Transparenten problematisch sei, erklärte ein Beamter des „Anti-Konflikt-Teams“, dies sei als Vermummung zu werten (!).

Ein Kamerawagen wurde in Position gebracht. Die Demonstrant*innen konnten die Polizisten zurückdrängen, der Demozug bewegte sich weiter. Der gesamte Vorgang wiederholte sich wenige Minuten später. Polizisten mit Helm und Schlagstöcken kamen nicht zum Einsatz.

Der Demozug ging ohne erkennbare Änderung hinsichtlich der Transparente weiter, hielt eine geplante Zwischenkundgebung und beendete die Demonstration nach einer Schlusskundgebung an der Tübinger/Eberhardstr.

Die antinationale Demo – ca. 350 Teilnehmer*innen – zog von der Keplerstr. über die Lautenschlagerstr. und von dort auf derselben Route wie die vorige Demo bis an den Platz der Schlusskundgebung am Wilhelmsplatz.

Dort scheute ein Polizeipferd ohne ersichlichen Grund – zum Grück befanden sich keine Demonstrant*innen in unmittelbarer Nähe.
Das Pferd beruhigte sich wieder.

Unmittelbar vor der Abschlusskundgebung am Wilhelmsplatz wurde die Demo aufgehalten. Es gab anscheinend ungenaue Absprachen über den genauen Ort der Kundgebung (Platz oder Straße?) und die Polizei bestand zunächst darauf, dass die Abschlusskundgebung auf der Straße abgehalten würde. Nach einigen Hin und Her konnte die Demonstration dann doch den Platz betreten und dort die geplante Abschlusskundgebung abhalten.
Die Polizei stand währenddessen in dichter Kette daneben auf der Wilhelmstraße. Nach den Reden löste sich die Versammlung auf, auch die Polizei rückte allmählich ab.

Fazit:

Zeitpunkt und Route waren so festgelegt, dass der Protest gegen die Einheitsfeierlichkeiten entfernt vom Festgeschehen stattfand. Abgesehen davon konnten die Demonstrationszüge die vereinbarte Route ungehindert gehen, mit einer Ausnahme bzgl. der antikapitalistischen Demo. Der Versuch der Polizei, die Demo wegen der angeblich verknoteten Transparente zu stoppen, kann nur als Provokation verstanden werden.

2013_10_03_PferdeGrundsätzlich und immer wieder ist festzuhalten, dass der Einsatz berittener Polizei große Risiken mit sich bringt, und daher unverantwortlich ist!
(Zum Anschauen der Bilderfolge bitte auf das Foto klicken!)