Demo gegen das Treffen der Finanzminister der G 20 in Baden-Baden am 18.3.2017

Das Bündnis „No G20 Baden-Baden“, welches ein breites Spektrum von attac über antifaschistische, entwicklungspolitische und linke Gruppen bis hin zu Gewerkschaften umfasste, hatte zur Demo aufgerufen. Der Aufwand für Sicherheitsmaßnahmen war sehr groß. Verschiedene Medien (z.B. Stuttgarter Zeitung) vermittelten die Erwartung harter Auseinandersetzungen. So war eine frisch ausgehobene Baugrube wieder aufgefüllt und asphaltiert worden, u.a. damit niemand dort Steine auflesen und damit werfen könne.

Auf swr.de hieß es: „Die Polizei kündigte an, die Demonstrationen genau zu beobachten. Toleranz für Radikalität in jedweder Form werde es nicht geben.“

Damit mischte sich die Polizei in mehrfacher Hinsicht und unzulässiger Weise in die politische Meinungsbildung ein. Erstens diskreditierte sie die Gipfelkritiker, indem sie implizit von einem unfriedlichen Verlauf der Demo ausging. Zweitens setzte die Polizei „radikale“ Ansichten mit rechtswidrigem Verhalten gleich, das sie zu unterbinden gedenke. Die Ansichten der DemonstrantInnen haben die Polizei nicht zu interessieren, sondern nur ihr Verhalten, wenn es höherrangige Rechtsgüter verletzt.

Wir waren mit vier Personen von ca. 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr anwesend. Bei Dauerregen und tiefen Temperaturen zählten wir 430 Personen im Demozug.

Die Auftakt- und Schlusskundgebung fand in der Nähe des Leopoldplatzes in Sicht- und Hörweite des Kasinos und Kurhauses, also des Ortes des Ministertreffens, statt. Ein natürliches Hindernis (Fluss) und Absperrungen machten klar, dass niemand noch näher herankommen könnte.

Verschiedene Delegierte, welche durch G20-Ausweise klar zu erkennen waren und teilweise in Luxus-Limousinen bis and den Rand des Kundgebungsplatzes gebracht wurden, durchquerten die Kundgebung, um zum dahinter liegenden Checkpoint zu gelangen. Dabei kam es zu keinerlei Zwischenfällen.

Die Polizei zeigte besonders an Kreuzungen deutliche Präsenz, auch eine Reiterstaffel und Polizisten mit Helmen und Beinschienen waren anwesend. Zunächst filmte die Polizei nicht, hielt aber Camcorder bereit, teilweise auch angeschaltet und auf die Demo gerichtet. Als kurz vor Schluss der Demo jemand ein oranges „Bengalo“ schwenkte wurde unverzüglich mit dem Filmen begonnen. Es kam während des Demozugs und den Zwischenkundgebungen zu keinerlei Zwischenfällen.

Als unverhältnismäßig bewerten wir das Abfilmen der Demo wegen eines vereinzelten Bengalos. Es wurde gerichtlich mehrfach festgestellt, dass das Abfilmen von Demos geeignet ist Menschen davon anzuhalten, von ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen und dass der Schaden für die Demokratie, der dadurch verursacht wird, in keinem Verhältnis zum Aufklärungsinteresse der Polizei für eventuell eintretende, aber zum Zeitpunkt des Films nicht absehbare Straftaten, steht.

Hier war eindeutig von einem friedlichen Restverlauf der Demo auszugehen und die Schwelle, ab der ein Abfilmen der Demo zulässig wäre, bei Weitem nicht überschritten.

Bemerkenswert ist, dass das Ordnungsamt keine Auflagen für die Demo gemacht hat, sondern alle Bedenken im Kooperationsgespräch mit dem Anmelder einvernehmlich gelöst werden konnten.

Ohnehin sollten Auflagen ohnehin nur in Ausnahmefällen erteilt werden, wenn eine Demo eigentlich verboten werden müsste, aber unter Auflagen eben doch erlaubt werden kann. Dieses eigentlich versammlungsfreundliche Instrument ist inzwischen pervertiert worden, um Versammlungen teilweise bis ins kleinste Detail zu regeln.

Bemerkenswert ist auch, dass die Proteste in Hör- und Sichtweite stattfinden durften. Ein Recht, welches regelmäßig von Versammlungsbehörden verweigert wird, besonders häufig bei Gipfeln und bei Anti-Nazi-Demonstrationen.

Insofern war das versammlungsfreundliche, dem Buchstaben und Geiste der Gesetze folgende Verfahren des Baden-Badener Ordnungsamtes vorbildlich und könnte für die Ordnungsämter der größeren Städte (z.B. Stuttgart, Karlsruhe) Anlass sein, ihre eigenen Verfahren zu überprüfen.